Der Reihe nach: Den Anfang bei den Arbeiten hat die Brücke über die Hase gemacht. Die alte Brücke wurde um 1900 erbaut und hielt den Anforderungen des neuen Straßenverkehrs nicht mehr Stand. Sie wurde abgerissen und durch eine moderne Brücke ersetzt. Damit Menschen die Hamburger Straße weiterhin zu Fuß oder mit dem Rad passieren konnten, wurde hier, wie auch später neben der Brücke über die Schienen, eine Behelfsbrücke errichtet.
Die Arbeiten an der Brücke über die Hase begannen unter Hochdruck, sollte die Brücke doch bis Anfang 2023 fertiggestellt sein, damit schweres Gerät, das für den Abriss und Neubau der Brücke über die Schienen gebraucht würde, über die fertige Hasebrücke angeliefert werden könnte. Früh stellte sich jedoch heraus, dass dieser ambitionierte Zeitplan nicht einzuhalten war. Durch den Kriegsausbruch in der Ukraine wurde die Materialbelieferung unterbrochen und das Leergerüst für die Brücke konnte nicht gebaut werden. Um die Abläufe für das Gesamtprojekt nicht zu gefährden, musste eine Alternativlösung her. „Damit die für die Arbeiten benötigten Fahrzeuge zwischen die Brücken gelangen konnten, haben wir einen Überweg für sie über die Schienen geschaffen“, erläutert Lutz Vorreyer, Bauleiter der Stadt Osnabrück.
Überhaupt die Schienen: Wenn Arbeiten im Schienenbereich erforderlich sind, müssen bei der Deutschen Bahn Sperrgenehmigungen beantragt werden – Monate und Jahre im Voraus und auf die Minute genau. Nur so können Gefahren durch den Zugverkehr oder die Oberleitungen ausgeschlossen werden. Ein solches zeitliches Korsett bedeutet aber auch: Verzögerungen verboten!
Zu einer solchen kam es trotz aller Planung im Juni 2023, als die alte Brücke durch Kräne herausgehoben werden sollte. Weil sich der südliche Teil des Bauwerkes als zu schwer erwies, mussten spontan weitere Sperrpausen her. Letztlich brauchte es einen 750-Tonnen-Kran, um die massiven Teile der alten Brücke herauszuheben.
Doch die Taktung durch die Sperrpausen, die immer zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens liegen, haben noch eine weitere Folge: Wenn es das Wetter irgendwie ermöglicht, wird auf der Baustelle weitergearbeitet. Und wenn ein Voranschreiten unmöglich erscheint, bedarf es kreativer Ideen. „Als wir den Brückenpfeiler betoniert haben, hatten wir eine Außentemperatur von minus acht Grad“, erinnert sich Vorreyer. „Das ist zu kalt, um Beton zu verarbeiten. Gleichzeitig war eine Verzögerung aufgrund der Sperrpausen ausgeschlossen.“ Die Lösung: Vor dem Gießen des Betons wurden zudem Heizlüfter in die Verschalung gestellt. So konnte verhindert werden, dass die Bewehrung vereist. Die Verschalung aus Holz, die für das Betonieren benötigt wird, wurde obendrein von außen mit Dämmmaterial ummantelt. „Weil Beton beim Abbinden wärmer wird, haben wir trotz frostiger Außentemperaturen Tage nach dem Gießen eine Temperatur von 30 Grad auf dem Beton gemessen“, so Vorreyer.
Die Baustelle an der Hamburger Straße steht exemplarisch dafür, dass Bauvorhaben nie nach Schema F abzuarbeiten sind, sondern immer Überraschungen bereithalten – insbesondere, wenn die vorhandene Infrastruktur so wie an der Hamburger Straße mehr als 100 Jahre alt ist. Bis die Straße wieder für den motorisierten Verkehr befahrbar ist, dauert es nicht mehr so lange. Im Mai wird der Spannbeton auf der Brücke gegossen. Ziel ist es, die Straße bis Frühjahr 2025 wieder freizugeben.